Buchtipp

Luise Schulte-Jerchel arbeitet seit ihrem Papenburger Erfolg mit „Das Kneipenkind“ an einem dreibändigen Werk über das Leben ihrer Großmutter. Nun liegt der erste Band vor, in welchem die Kindheit beschrieben wird. Und die reicht von ihrer Geburt in Weener 1905 bis zum Jahr 1918, dem Ende des Weltkriegs und der Abdankung des Kaisers. Eine neue Republik entsteht, und damit sind auch Veränderungen im Rheiderland und dem Leben der Menschen verbunden, Werte verändern sich, es scheint sich eine Welt zu öffnen – auch dort, wo alles unveränderlich fest gefügt gewesen zu sein scheint. Doch davon können dann die beiden nachfolgenden Bände mehr berichten. Sie werden jeweils im Oktober der Jahre 2022 und 2023 erscheinen.

Luise Schulte Jerchel: Janna - Tochter des Rheiderlands Teil 1: Die Kindheit 1905 - 1918 - Co-Buch

 

Es scheint die „gute alte Zeit“ gewesen zu sein, in der ihre Großmutter aufwuchs. Doch „so gut“ war die sicher nicht. Das Leben war karg, auch wenn es den einen einigermaßen gut ging, da sie ein Schwein, Hühner oder eine Ziege hatten – das versprach ausreichend Essen. Und auch ein Garten oder etwas Ackerland sorgten dafür „gut durch den Winter“ zu kommen. Doch andere besaßen nichts davon, mussten zusehen, wie sie ihre vielen Kinder durchbrachten. Krank durfte keines werden, dann war es schnell dem Tod geweiht. Und wenn ein Erwachsener als Arbeitskraft ausfiel, dann brach die unmittelbare Not aus. Nachbarschaftliche und verwandtschaftliche Solidarität gab es, doch wenn alle knapp zu leben hatten, dann reicht auch die nicht ewig.

Frauen hatten sich zu Anfang des Jahrhunderts der Meinung des Mannes unterzuordnen, was der Liebe keinen Abbruch tat, denn man kannte es nicht anders. Doch spätestens mit der Rückkehr der Männer aus dem Krieg änderte sich dieses, da mancher erkannte, dass die Frauen ihre Sache gut gemacht hatten, während sie fort waren. Sie sollten weiter entscheiden, weil sie näher an den lebenswichtigen Dingen standen – doch auch das war jetzt ein gegenseitiger Lernprozess.

Luise Schulte-Jerchel beschreibt sehr anschaulich, wie der alte Opa Harms immer wieder anmahnt, doch seiner Enkelin Janna bei ihrem Talent entgegen der Meinung des Pfarrers eine höhere Schulbildung zukommen zu lassen. Ihre Mutter kann sich nicht dazu durchringen, obwohl ihr aus dem Krieg zurückgekehrter Mann die Entscheidung dazu abgetreten hatte. Er selber litt zu sehr unter den Folgen des Krieges – und dem Alkohol.

Janna kommt – wie schon seit Generationen vorbestimmt– zum reichen Polderbauern, um dort zu lernen, wie man einen Haushalt führt. Sie ergibt sich ihrem Schicksal, doch die Situation dort wird dramatisch, allerdings erleben wir auch eine Erlösung, sie darf zu ihren Eltern zurückkehren. Doch auch dort hat es Änderungen ergeben. Manches fügt sich zum Guten, wenn auch die Zeiten – und damit die Werte –andere werden.

Das Buch ist in einer klaren Sprache geschrieben. Die Ereignisse sind chronologisch zugeordnet, ohne dass es eine übertriebene Ordnung gibt. Es ist die Geschichte einer Familie, die unsere sein könnte. Und sie beschreibt das Rheiderland, nennt Orte und Straßen, die es heute noch gibt, mehr als einhundert Jahre später. Manches wurde zur besseren Lesbarkeit und Aufrechterhaltung der Spannung ausgeschmückt bzw. ergänzt.

Luise Schulte-Jerchel, Janna – Tochter des Rheiderlands Teil 1: Die Kindheit (1905 – 1918)
246 Seiten, 16,80 Euro
Verlag Co-Buch ISBN 978-3-947643-08-0
erhältlich in den örtlichen Buchhandlungen (insbesondere Papenburg und Weener)
sowie online im Verlagsstore: www.co-buch.de/store

Eine erste Lesung wird es in Papenburg geben:
AlteDrostei, Hauptkanal re 13,Freitag, 29. Oktober 2021, 19 Uhr
Eintritt 5 Euro, Vorverkauf www.co-buch.de/tickets, Restkarten an der Abendkasse