Zwischen Verdammnis und Verderben: Das Schaurige erwacht zum Leben

Papenburg. Schwarze Geschichten, dunkle Gestalten – und dazu jede Menge Sturm- und Wortgewalt mit einer kraftvollen Stimme. Das sind die Zutaten für die Schauerabende des ostfriesischen Autors Kai Kurgan. Seit Jahren begeistert er mit seinen Programmen, die weit über den Rahmen einer üblichen Lesung hinausgehen. Kurgan liest, spricht und spielt seine Geschichten, zum Teil unterlegt von dramatischen Ton-, Bild- und Lichteffekten. Einige Zeit schwieg die Stimme aus der Dunkelheit, doch jetzt kehrt Kai Kurgan zurück. Der Schwarze Prophet und Apostel der Angst verlässt das selbstgewählte Exil, um wieder auf den Bühnen der Region sein Unwesen zu treiben. „Das böse Erwachen“ heißt sein neues Programm.

Herr Hanken alias Kurgan, ich kenne wenige Chefredakteure, die Theater zu spielen – genau genommen gar keine. Sie aber spielen nicht nur Theater, Sie stehen auch noch ganz alleine auf der Bühne – ohne Schauspiel-Kollegen. Sie präsentieren einen Theatermonolog als schwarzer Prophet. Wie kommt man auf so eine Rolle?
Das was ich mache, ist genau genommen eine Mischform. Ich nenne das ganze Leseshow, weil es keine typische Lesung und auch kein reines Theater ist. Mit Lesungen habe ich schon vor vielen Jahren begonnen. Irgendwann aber reichte es mir einfach nicht mehr, im Sessel im Lichte einer Stehlampe einfach nur vorzulesen. So fing ich an, meine Geschichten zu spielen, in einem lebendigen Vortrag.

Dann lernte ich 2009 den Musiker und Produzenten Harry de Winter aus Wymeer kennen. Wir merkten schnell, dass wir dieselbe Vorstellung davon hatten, wie man eine Lesung auch anders aufziehen kann – nämlich mit Licht- und Soundeffekten, Nebel und Bild- oder Videoeinspielungen. Zusammen haben wir dann eine effektvolle Leseshow entwickelt, die über die Jahre immer ein bisschen mehr gewachsen ist. Der schwarze Prophet, den ich darin spiele, ist eine Art Moderator, der in den Übergängen zwischen den Geschichten mal finster, aber auch durchaus augenzwinkernd durch den Abend führt.

Warum haben Sie den russischen Name Kurgan gewählt?
Ich suchte einen kurzen, knackigen Künstlernamen, den man sich gut merken kann. Auf den Namen Kurgan stieß ich eher zufällig und fand ihn aus mehreren Gründen reizvoll: Zum einen ist es der Name eines Bösewichts aus dem Fantasy-Film „Highlander“, den ich sehr mag. Der Name bezeichnet aber auch eine besondere Begräbnisform in ostasiatischen Regionen: Ein Kurgan ist ein Grabhügel. Ich fand den etwas morbiden Hintergrund passend zu meinen Geschichten.

Sie haben über ein Jahr eine Auszeit genommen und Ihre Aussagen auf der Homepage, wirken fast ein wenig endgültig. So als hätte die Coronazeit tiefe Spuren bei Ihnen hinterlassen. Ist das ein falscher Eindruck?
Jein. Corona hat bekanntlich im gesamten Kulturbereich tiefe Wunden geschlagen. Auch wir hatten wenig Auftrittsmöglichkeiten. Als es dann wieder losging, hatte ich den Eindruck, dass Kultur wieder ganz neu gelernt werden muss. Denn viele Veranstalter klagten über leere Häuser und mangelnde Ticketverkäufe. Ein solches Szenario hätte ich für mich und meine Shows als sehr enttäuschend empfunden. Wichtig war uns: Wir wollten keine vereinzelten Gastspiele mehr, sondern möglichst eine Tour mit mehreren Auftritten. Das ist nun endlich wieder möglich und daher kehrt der Prophet zurück.

Nun aber sind Sie zurück auf der Bühne. Was werden Sie Neues auf der Bühne präsentieren?
Es gibt ein paar neue Geschichten, die in letzter Zeit entstanden sind. Auch bei den visuellen und akustischen Effekten hat Harry de Winter noch mal eine Schippe draufgelegt. Das Programm heißt „Das böse Erwachen“ – also bleiben Sie besser wachsam. 😉 Neu ist auch ein Auftrittsort: Wird sind am 6. Oktober zum ersten Mal in der Alten Drostei in Papenburg zu Gast – eine sehr stimmungsvolle Location.

Wären Sie lieber Schauspieler geworden oder ist das Spiel dann doch eher ein Hobby?
Geschichtenerzähler ist mir lieber. Als Kind wollte ich vielleicht mal Schauspieler werden. Welches Kind will das nicht? Aber ich sehe das doch eher als Hobby – wenngleich ich das sehr ambitioniert betreibe und mich intensiv auf die Darbietungen vorbereite.

Sie schreiben die Geschichten, die Sie selbst vortragen. Haben Sie so schwarze, dunkle und mystische Gedanken?
Gruselige Geschichten haben mich schon als Kind fasziniert, egal ob in Büchern, Filmen oder auch Hörspielen. Irgendwann stößt man dann auf die Großen dieses Genres, wie etwa Edgar Allan Poe oder H.P. Lovecraft. Die haben mich inspiriert zu meinen Geschichten, denn sie verbinden Grusel oft mit einer Botschaft. Wir leben in einer Welt voller großer Bedrohungen und Schrecken. Dabei sind es oft die ganz einfachen Ängste in einem selbst, die persönlich viel mehr Furcht auslösen. Persönlich bin ich meistens ein Sonnenschein. Manchmal gibt es aber eben auch eine Sonnenfinsternis…

Wie wichtig ist Enthusiasmus, und ist das Schaurige für Sie auch eine Form von Leidenschaft?
Enthusiasmus ist das A und O für meine Auftritte. Wenn die Leidenschaft fehlt, lässt sich auch das Publikum schwer gewinnen. Furcht ist ein mindestens genauso extremes Gefühl wie Liebe. Beides kann man nur mit Leidenschaft erwecken.

Ist das Spiel schöner oder der Applaus?
Der Applaus ist die Belohnung dafür, wenn das Spiel schön war. Ich freue mich über eine gelungene Performance genauso wie über den Beifall danach.

Was möchten Sie den Menschen vor der Bühne mitgeben, was soll der Auftritt bewirken?
Eigentlich verbirgt sich hinter den meist makabren Geschichten eine ganz simple Botschaft: Lebt Euer Leben – heute, hier und jetzt. Denn Du weißt nie, ob es ein Morgen gibt. Das sagt auch der Programmtitel „Das böse Erwachen“ aus.

Herr Hanken, ich bedanke mich für das Gespräch. A.T.L
Sehr gerne! Danke für das Interview.

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