Heinz Rudolf Kunze wurde 1956 in Espelkamp geboren und lebt heute in der Nähe von Hannover. Ab 1975 studierte er Germanistik und Philosophie in Münster und Osnabrück und beendete es mit dem Ersten und Zweiten Staatsexamen. Er ist ein bekannter deutscher Schriftsteller, Liedermacher, Rockstar, Poet, Sprachfetischist, Musicaltexter und Übersetzer. Ende 1980 beginnt Kunze seine künstlerische Karriere mit einem erfolgreichen Beitrag beim deutschen Pop-Nachwuchs-Festival in Würzburg. Im Januar 1981 schließt er seinen ersten Plattenvertrag ab und veröffentlicht im April sein Debütalbum „Reine Nervensache", worauf die erste Deutschlandtour startet. Nur wenige Zeit später, 1985, erscheint die Single „Dein ist mein ganzes Herz"- sie und das gleichnamige Album erlangen kurz nach Veröffentlichung Goldstatus. Auch das nächste Album „Wunderkinder" wird 1986 vergoldet. Kunze veröffentlicht bis heute 36 Studioalben und hat insgesamt über 4 Millionen Tonträger verkauft.

Am 21. Februar 2020, kurz vor seinem 40-jährigen Bühnenjubiläum, erschien das neue Studioalbum „Der Wahrheit die Ehre". Damit landete Heinz Rudolf Kunze den Charterfolg seines Lebens. Das Album steigt auf Platz 3 der deutschen Albumcharts ein. In den letzten beiden Jahren erging es ihm so wie vielen Musikschaffenden: Die große, ursprünglich für 2021 angesetzte, Tour zum 40-jährigen Bühnenjubiläum musste aufgrund eines weltweiten Lockdowns verschoben werden. Am 4. November aber nur live in Papenburg und jetzt live bei uns.Ein Gespräch mit ihm über die Kunst und die Liebe zu seiner Arbeit und was ihn treibt.

Herr Kunze, Sie treten in Papenburg auf, vermutlich kennen Sie Papenburg, da Sie in der Nähe von Hannover leben.

Nicht nur deswegen, sondern ich bin ja in Osnabrück geboren und das ist noch viel näher dran.

Verbinden Sie was mit Papenburg?

Nein, ich freue mich über jeden Ort, der in meinem Terminkalender auftaucht, egal ob Klein- oder Großstadt. Man kann überall sehr interessante Erfahrungen machen und sehr nette Menschen treffen. Den großen Unterschied zwischen Provinz und Stadt gibt es heute, was den Informationsstand der Leute betrifft, nicht mehr.

Gab es nie einen Moment, in dem Sie dachten, ich möchte etwas anderes tun? Sie sind ja sehr konstant in Ihrer Arbeit.

Natürlich gibt es Schwankungen in der eigenen Gefühlswelt, in der eigenen Befindlichkeit, das gibt es in jedem Beruf. Normalerweise ist es so, dass die Arbeit mich dann zu Ordnung ruft. Sobald ich angefangen habe, bin ich wieder voll da - denn die Lieder und Texte wollen aufgeführt werden. Ich muss mich dann zusammenreißen, mich konzentrieren und kann eigentlich andere Dinge, die mich belasten, vergessen und bin dann in den Stunden überhaupt nicht mit meinen Alltagsproblemen beschäftigt, denn sie verschwinden völlig in meinen Liedern.

Gibt es neue Ideen für das neue Jahr, neue Songs?

Neue Ideen und Songs gibt es bei mir immer. Mein letztes Album mit regulären neuen Songs war „der Wahrheit die Ehre", das erschien, als Corona begann, das war Nummer drei in den deutschen Charts. Die höchste Platzierung meines Lebens, auch wenn ich vor dem Zusammenbruch der Musikindustrie mehr Platten verkauft habe. Früher konnte man Platz 10 sein und 250000 Platten verkaufen, heute kann man Platz drei werden, wenn man 20.000 verkauft, weil es keinen Plattenmarkt mehr gibt. Ich veröffentliche eigentlich jedes Jahr ein neues Album. Letztes Jahr habe ich „Werdegang", ein Best Off mit jungen Produzenten noch mal neu aufgenommen und diesen Herbst noch erscheint ein Livedoppelalbum von der Tour und im Frühjahr folgt das neue Album.

Was treibt sie immer wieder auf die Bühne? Geld ist es sicherlich nicht.

Weil es einfach der schönste Beruf ist, den ich mir vorstellen kann, Solange es Leute gibt, die das von mir gerne hören möchten und solange ich noch geistig und physisch in der Lage bin, mir das vorzustellen, warum soll ich denn aufhören? Mick Jagger hört ja auch nicht auf. Wenn man den Leuten etwas vorliest, vorsingt oder vorspielt und ihnen das Freude macht und sie applaudieren, das ist eine tolle Sache. Vor allem ist es eine gesunde Droge, die nicht abhängig und kaputt macht.

Mit dem abhängig bin ich mir nicht sicher...

Abhängig vielleicht schon. Schauen Sie sich im Ausland um, früher hieß es, Rock'n Roll muss man mit 30 an der Garderobe abgeben, das stimmt nicht. Es gibt so viele wunderbare alte Kollegen. Neil Young,Van Morrison, die Stones Springsteen, Bob Dylan ist weit über 80 und hat immer noch Spaß, die meisten von den eben genannten machen das nicht wegen Geld.

Van Morrison wurde sehr angegriffen, da er sich gegen die Corona Maßnahmen und gegen die Impfung ausgesprochen hat.

Ja, wissen Sie - ich bin zwar nicht seiner Meinung, aber so eine Aussage muss eine demokratische Gesellschaft aushalten, ohne gleich den Scheiterhaufen aufzustellen oder zu steinigen. Demokratie heißt, dass man auch mal eine andere Meinung aushalten muss.

Haben Sie nie Angst, Texte zu schreiben, die zu weit gehen? Sie haben sich ja auch manchmal ziemlich klar positioniert, auch politisch.

Nein. Ich gehe sehr oft zu weit, das weiß ich, aber das bin ja nicht immer ich, das sind ja auch Rollenlieder. Das ist nicht alles meine Meinung und mein Leben, was in den Liedern vorkommt. Ich bin Dichter, ich erfinde Meinungen. Es wäre ja ein völliges Missverständnis, alles, was ich sage, für meine Meinung zu halten. Das gehört zum Grundhandwerk eines Dichters. Ich bin ein Erfinder und kein öffentlicher Tagebuchschreiber.

Sie haben sich sehr deutlich zum Gendern geäußert, das ist also durch alle Medien gegangen, ist das auch eine Rolle, eine Meinung, die Sie erfinden?

Nein, das bin ich dann schon als Mensch und als Zeitgenosse und als Leidender unserer Gegenwart.

Leidender unserer Gegenwart? Wie empfinden Sie denn derzeit die Situation? Sie haben sich sehr früh gegen den Irakkrieg ausgesprochen und jetzt stehen wir wieder mitten im Krieg in Europa?

Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Ich fand es damals schon richtig, dass Schröder so zurückhaltend auf George Bush reagierte, denn es war doch relativ früh absehbar, dass da ein Krieg auf Lügen aufgebaut stattfand und wir als Bündnispartner hineingezogen werden sollten. Ich fand es eigentlich ganz aller Ehren wert, wie Schröder das damals elegant gelöst hat. Heute ist es ein ganz anderer Krieg. Es ist kein Bündnisfall vorhanden, also ist die NATO nicht unmittelbar betroffen, umso schwieriger ist es sich zu positionieren und zu wissen, was richtig und falsch ist. Ich möchte im Moment nicht in der Haut von Scholz stecken.

Sie sagten in einem Interview, wir als Europa müssen Verantwortung übernehmen und dass Sie kein Pazifist seien. Halten Sie Patriotismus für eine Träumerei?

Das ist richtig, ich war noch nie Pazifist, weil ich den Pazifismus für eine zynische, luxuriöse Position halte. Man kann leicht pazifistische Phasen „herumtrompeten" unter der warmen Achselhöhle des amerikanischen Atomschirms, weil man weiß, zur Not werden es die Amis schon richten. Pazifismus hat noch nie geholfen und damit wäre Adolf Hitler auch nicht besiegt worden.

Das komplette Interview in Kürze in der nächsten Ausgabe.

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