Und plötzlich ist alles anders

Papenburg. Nach einem schweren Unfall oder einem Schlaganfall ändert sich alles. Selbst mit der Gabel zu essen, ist eine Herausforderung. Diese Situation stürzt die Betroffenen oftmals in eine tiefe Lebenskrise. Von heute auf morgen, mit einem Schlag ist das bis dahin normale Leben, die normale Wirklichkeit des Menschen massiv infrage gestellt. Besonders schwerwiegend ist dies für die meisten Patienten im Bereich der alltäglichen Pflege und Selbstversorgung.

Hinzu kommen in der Regel physische und psychischen Veränderungen, die gesteigerten Empfindsamkeit und vermehrter Angst vor neuen Verletzungen.Körper und Seele brauchen Ruhe und Zeit, um die erlittenen Verluste des freien Lebens zu betrauern. Diese Arbeit ist notwendige Voraussetzung, um kritisch Bilanz ziehen zu können und neue Wege und Ziele zu finden. Und auch um die vielen Fragen, die sich nun stellen, zu beantworten. Haben Beruf, Wohnung, Interessen oder Hobbys noch Sinn? Was wird aus meiner Zukunftsplanung? Wie werde ich mit der entstandenen Abhängigkeit von anderen Menschen fertig?


Mehr als 300.000 Pflegebedürftige sind zwischen 15 und 60 Jahre alt. Viele der 15- bis 60-jährigen Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Die Eltern oder der Partner kümmert sich. Doch nicht immer ist die Pflege zu Hause möglich, beispielsweise bei Alleinstehenden oder Menschen, deren Angehörige zu alt für die Pflege sind. Auch Bernhard Hövelmann kennt solche Fälle und obwohl es eigentlich nie geplant war, kümmert er sich um sie.
Wer möchte als junger Mensch schon ins Altenheim? Es würde mir selber sehr schwerfallen, nach einem Unfall in ein Pflegeheim zu leben. Nicht, weil dort keine gute Arbeit geleistet werden würde, aber es ist schwierig, wenn man im jungen Alter von nur von sehr, sehr alten Menschen umgeben ist und niemand da ist, der die eigenen Lebenshoffnungen teilt. Jüngere Menschen haben andere Themen und Interessen. Das ist völlig normal und für mich ist das ein wichtiges Thema“, erklärt er im Gespräch.

Ein möglichst aktives und selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter führen – das ist der Wunsch vieler Menschen und war schon immer Hövelmanns Devise. So wurde auch das Hövelmanns Hus in Papenburg einst nach diesem Prinzip entwickelt und bietet auch im hohen Alter und bei Krankheit das Wohnen in den eigenen vier Wänden an. Inzwischen allerdings entwickelt sich daraus eher zufällig ein neues Projekt.

Hier finden sich immer häufiger jüngere Menschen, die durch Unfall oder Krankheit schwere Schäden erlitten haben. „Wir haben die nötigen Kräfte, um diese Menschen medizinisch zu versorgen. Darum geht es nicht alleine“, erklärt Bernhard Hövelmann. „Die Wohnungen sind ein echtes Zuhause. Man kann es nach seinen eigenen Wünschen einrichten, kann auch abends Besuch empfangen – es gibt kaum Regeln, wie der Mensch zu leben hat oder wann der Fernseher abgestellt wird. Wir sorgen derzeit unter anderem für einen Menschen, der mit Mitte 50 einen Schlaganfall erlitten hat und nach der Reha im Pflegeheim lebte. Für Menschen wie ihn – vor kurzer noch Selbstständig und eigenständig, ist für das seelische Wohlbefinden eine eigene kleine Wohnung sehr wichtig. Die Menschen hier bekommen von uns nur die Pflege, die sie unbedingt benötigen. Die Pfleger haben das Ziel, so viel Normalität wie möglich in ihren Alltag zu bringen. Diese Form von Betreuung war tatsächlich nicht geplant, aber es scheint, dass diese Form von Wohnen durchaus benötigt wird.

Auch für uns ist das natürlich ein neuer Weg, denn die Fragen an das Leben sind mit 50 andere, als mit 90 und doch stellen wir fest, sie lassen sich mühelos verbinden“. In Hövelmanns Hus ist trotz Altersunterschiede eine Gemeinschaft entstanden, regelmäßig stattfindenden Freizeitangebote ermöglichen den Kontakt zu Ihren jungen und alten Nachbarn und sorgen für Abwechslung im Alltag. Besonders wichtig bleibt Wahlfreiheit, sich an Aktionen zu beteiligen. Abschließend sagt Bernhard Hövelmann: „Es ändert nichts an meiner Grundeinstellung, dass jeder Mensch einen Lebensraum braucht, in dem er sich zu Hause fühlt. Wir passen den Lebensraum an, bis man sich Zuhause fühlt und die richtige Wohnform gefunden hat.

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