Viel mehr Transparenz in die Papenburger Politik
“Wir, die UWG Papenburg, sind ein Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern, die keiner Partei angehören. Mehr Bürgerbeteiligung und mehr Transparenz in der Kommunalpolitik – dafür stehen wir ein. Für uns bedeutet Politik, die Bürger vor Ort ernst zu nehmen und gemeinsam mit ihnen Entscheidungen zu treffen. Unser Ziel ist es, die Elemente der direkten Demokratie zu stärken”
Herr Uchtmann, so steht das bei Ihnen auf der Homepage, Demokratie stärken – hört sich gut an. Transparente Entscheidungsfindung? Wenn es um Radwege geht, mag das möglich sein, aber gilt das für alle Themen?
Ohne Transparenz ist keine Bürgerbeteiligung möglich. Transparente Entscheidungsfindungen sind für uns deshalb ein wichtiges Element der Ratsarbeit. Wann immer es möglich ist, sollen die Bürger bei Entscheidungen, die der Rat (oder ein Ausschuss) trifft, so früh wie möglich eingebunden werden und dadurch die Möglichkeit erhalten, Verfahrensabläufe in Rat und Verwaltung zu verstehen und mitgestalten zu können.
Das wird nicht immer möglich sein, sollte aber als Grundsatz des politischen Handelns von Politik und Verwaltung gelten. Denn nur wenn die Bürger in Entscheidungen mit eingebunden und an ihnen beteiligt werden, werden sie diese Entscheidungen auch akzeptieren und mittragen. Transparenz und Bürgerbeteiligung sind deshalb unsere wichtigsten Leitlinien. Beispiele für solche Entscheidungen, bei denen die Bürge nicht oder zu spät eingebunden wurden, sind der Bau des ALDI-Marktes neben der Nikolaikirche und die geplante Outdoor Werft im Stadtpark.
Wir setzen uns übrigens schon seit Jahren dafür ein, dass möglichst alle Ausschusssitzungen öffentlich sein sollen und haben schon mehrfach die Abschaffung nichtöffentlicher Sitzungen, bei denen unserer Meinung nach der Ausschluss der Öffentlichkeit nicht gerechtfertigt ist, gefordert. Bisher haben wir dafür aber im Rat keine Mehrheit erhalten.
Sie haben in Ihrem Wahlprogramm die Landwirtschaft aufgeführt, den man durchaus für einen sehr wichtigen Punkt halten kann. Sie möchten artgerechte Tierhaltung. Gibt es einen Plan, wie man das realistisch durchsetzen kann? Das ist ja kein neuer Wunsch…
Unsere Landwirte müssen zukünftig eine faire Chance bekommen, ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Dabei dürfen das Tierwohl und der Umweltschutz keine nebensächlichen Kostenfaktoren bleiben. Der geförderte weltweite Handel von Rohstoffen und Fleisch führte zu Fehlentwicklungen – insbesondere beim Import von Soja, Palmöl und weiteren Produkten aus abgeholzten Urwaldflächen -, die umgehend zu stoppen sind. Die Papenburger Politik hat die Möglichkeit, beispielsweise über das Baurecht, Einfluss darauf zu nehmen, ob sie eine artgerecht Tierhaltung und ökologisch erzeugte Lebensmittel fördert oder einer industriellen Massenproduktion den Vorrang gewährt.
Gleichzeitig können auch wir Verbraucher dazu beitragen, dass unsere Bäuerinnen und Bauern vom Kauf regionaler und saisonaler Produkte profitieren und somit ein Umbau der Landwirtschaft attraktiv wird. Hochwertige gesunde Lebensmittel sind eben nicht als billige Ramschware beim Discounter erhältlich.
Weiterhin führen Sie Integration an. Ein Thema welches seit 2015 das Schlagwort schlechthin ist. Und doch sehen wir, dass sich gerade in Großstädten immer mehr Paralleluniversen bilden, weil wir diese Menschen nicht wirklich erreichen oder ihre Kultur nicht verstehen. Wie wollen Sie das denn verändern oder verhindern?
Wir haben hier in Papenburg in den letzten Jahren ein funktionierendes Netzwerk von ehren- und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern aufgebaut, in das alle wichtigen Institutionen mit eingebunden sind. Aufgrund der Corona-Pandemie kamen allerdings in den letzten 1,5 Jahren wichtige Elemente dieses Netzwerkes zum Erliegen: die Sprachkurse für Migranten konnten an der VHS Papenburg nicht mehr durchgeführt werden. Erst jetzt beginnen langsam wieder die ersten Kurse.
Da die Beherrschung der deutschen Sprache ein wesentlicher Schlüssel zur Integration in die Lebens- und Arbeitswelt darstellt, muss hier so schnell wie möglich wieder alles hochgefahren werden. Nur so werden die Geflüchteten, die hier nach Papenburg gekommen sind und noch kommen werden, eine Chance haben, Mitglieder der Papenburger Gesellschaft zu werden.
Das kann – neben dem erfolgreichen Absolvieren der Sprachkurse – allerdings auch nur gelingen, wenn auch ausreichend Wohnraum für diese Bevölkerungsgruppe zur Verfügung steht. Aktuell ist es aber in Papenburg eher so, dass der ohnehin sehr knapp bemessene bezahlbare Wohnraum nicht einmal allen einheimischen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung steht. Hier besteht dringender Handlungsbedarf!
Und es muss dringend auf der Gesetzgebungsebene Änderungen im Asyl- und Ausländerrecht geben, die es Menschen mit Migrationshintergrund, die hier als Geflüchtete ankommen, ermöglichen, nach erfolgreichem Bestehen der Sprachkurse auch arbeiten zu dürfen und nicht erst auf die Anerkennung als Asylbewerber warten zu müssen.
So lange Menschen, die hier heimisch werden wollen, keine Perspektive auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt geboten wird, werden wir das Problem der Abwanderung in Großstädte zu bereits dort lebenden Verwandten und einer dadurch begünstigten Ghettoisierung nicht lösen können.Wir vertreten im Übrigen die Position, dass in unserer Gesellschaft alle Menschen ganz natürlich dazugehören. Egal wie sie aussehen, welche Sprache sie sprechen oder ob sie eine Behinderung haben. Alle sollen gleichberechtigt und ihren Fähigkeiten entsprechend am gesellschaftlichen Leben teilhaben.
Dazu fordern wir eine barrierefreie, einfache Sprache, besonders auch in amtlichen Mitteilungen.
Kinder mit einer Behinderung oder mit einem Migrationshintergrund sollen den gleichen Zugang zu Bildung haben wie Kinder ohne eine Behinderung oder ohne einen Migrationshintergrund. Dazu benötigen wir Unterstützung und Begegnungen. Unser Ziel ist es, viele barrierefreie Begegnungsstätten in unterschiedlichsten Lebensräumen zu schaffen. Begegnungen bei Sport, Spiel, Unterhaltung und Lernen.
Um eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, muss eine Barrierefreiheit beim öffentlichen Personennahverkehr gewährleistet sein. Für Kitas und Schulen wird schon einiges in Papenburg getan. Dennoch fehlen Menschen in der Verwaltung, die jederzeit für die Belange der Familien ansprechbar sind. Die UWG fordert eine Beteiligung der jungen Menschen an Entscheidungen. Es sollte mit ihnen und nicht über sie entschieden werden. Wir setzen uns für eine Kinderfreundliche Kommune ein und fordern eine Kinderbeauftragte in der Stadt. Wir setzen uns für Angebote für Familien, Kinder und Jugendliche in allen Stadtteilen ein, nach dem Motto: Kurze Beine, kurze Wege.
Herr Uchtmann, ich bedanke mich für das Gespräch. A.T.L